Wer Paris einen Besuch abstattet, für den ist die Besichtigung des Arc de Triomphe Pflicht. Denn dieses Monument, genau im Zentrum der Stadt gelegen, erinnert an die Französische Revolution und den damit verbundenen Ruhm und die Erfolge der einstigen französischen Revolutionsarmeen. Und wenn man dann die in die Pfeiler eingemeißelten Ortsnamen liest, entdeckt man dort, eingebettet zwischen Biberach, Schliengen und Kehl, den Namen Altenkirchen. Denn im Jahr 1796 spielte die heutige Kreisstadt im Westerwald eine entscheidende Rolle im ersten Koalitionskrieg, der von 1792 bis 1797 zwischen Frankreich und einer Koalition aus Preußen, der Habsburgermonarchie Österreich und einigen kleineren Deutschen Staaten ausgetragen wurde.
Grund des 1. Koalitionskriegs (von insgesamt sieben) war die Französische Revolution und die Angst der westlichen Adelshäuser, dass sich die revolutionären Ideen der französischen Bürger auf die Völker des übrigen Europas ausdehnen und dadurch die Monarchien gefährden könnten. Da Preußen sich bereits 1795 durch den Frieden von Basel aus diesem Konflikt gelöst hatte, lag es alleine an den Streitmächten Österreichs und der kleineren deutschen Staaten, sich dem Kampf gegen die französischen Revolutionsarmeen zu stellen.
Im Jahr 1796 bestand das französische Heer aus der Rhein-Armee bei Straßburg, die rechtsrheinisch operierte und der Sambre-Maas-Armee mit Hauptsitz in Düsseldorf, deren Auftrag in der Eroberung und Besetzung der linksrheinischen Gebiete bestand. Die österreichischen Truppen waren so gezwungen, an zwei Fronten zu kämpfen. Dabei bildete der Rhein bei Koblenz und Neuwied die linksrheinische Frontlinie. Nach einem 5-monatigen Waffenstillstand, ausgehandelt von General Marceau, überquerte General Kléber am 31. Mai 1796 mit zwei Divisionen der Sambre-Maas-Armee bei Neuwied den Rhein. Der Auftrag lautete, die Österreicher zwischen den Flüssen Sieg und Lahn bis zur Landesgrenze zurückzudrängen, um Kaiser Franz II zu Friedensverhandlungen zu zwingen.
Die Stadt Altenkirchen war Knotenpunkt zweier historischer Handelsstraßen, die es Händlern ermöglichten, Waren über eine längere Strecke zu transportieren. Die wichtige Handelsstraße, von Köln über Siegburg und Weyerbusch kommend, teilte sich mitten in Altenkirchen in die Köln-Leipziger und Köln-Frankfurter Straße auf. Dabei folgte die Köln-Leipziger Straße dem Verlauf der heutigen B 414 von Altenkirchen über Hachenburg, Herborn, Marburg und Erfurt bis in die Messestadt Leipzig. Die Köln-Frankfurter Straße führte von Altenkirchen über die heutige B 8 durch Höchstenbach und Freilingen, weiter über Limburg und Bad Camberg bis zur Handelsmetropole Frankfurt. Da es im 18. Jahrhundert nur wenig nutzbare und ausgebaute Straßen gab, erfolgten die Truppenbewegungen überwiegend über die bekannten Handelswege und deren Zubringer, so dass Altenkirchen zwangsläufig zum Zentrum der sich ständig vorwärts und rückwärts bewegenden Truppen beider Seiten wurde.
So standen sich am 4. Juni 1796 bei Altenkirchen 20000 Franzosen und 10000 Österreicher gegenüber (Anmerkung: die genauen Zahlen sind nicht überliefert. Aus dem Kriegstagebuch von Fähnrich Röder, Führer einer hessendarmstädter Jägereinheit, ist zu entnehmen, dass die Truppenstärke der Franzosen 25000 Soldaten betragen haben soll, die der Österreicher 15000). Plan der Franzosen war es, die Truppen von Erzherzog Karl von Österreich bei Altenkirchen zu binden. Dadurch sollte erreicht werden, dass die linksrheinische Position der Österreicher bei Mainz aufgegeben wird, um die österreichischen Truppen bei Altenkirchen als Verstärkung zu unterstützen. Das sollte der französischen Rheinarmee, die bei Kehl am Rhein lag, die Möglichkeit geben, ungehindert den Rhein zu überqueren, um dann weiter in Richtung Österreich vorzurücken.
Die Front der Österreicher, die sich in einer Linie positioniert hatten, reichte von Almersbach bis Hilgenroth, konnte aber von den Österreichern nicht durchgängig geschlossen werden, so dass die Franzosen diese Linie nicht wie erwartet auf breiter Front, sondern an drei Positionen angriffen. Auf der linken Seite stieß der französische General Soult von Hilgenroth in Richtung Kroppach vor. General Lefebvre übernahm das Kommando über die zentrale Kolonne mit dem Angriff auf Altenkirchen und die rechte Kolonne rückte mit Unterstützung der Kavallerie gegen die Geschützstellungen auf die Höhen von Almersbach vor. Gleichzeitig wurde die linke Flanke der Österreicher umgangen und dadurch der Nachschub sowie die Kommunikation der Österreicher unterbrochen.
Heftige Gefechte wurden auf den Höhen des Dorfes Almersbach, wo die Österreicher 10 Kanonen positioniert hatten und in der Nähe von Niederingelbach, heute Ingelbach, geführt. Der Übermacht der Franzosen hatten die Österreicher nur wenig entgegenzusetzen.
Die Kanonen bei Almersbach wurden im Handstreich eingenommen, indem eine Kavallerieeinheit der Franzosen den Fluss Wied überquerend, die Anhöhe hinauf galoppierte und die Bedienungsmannschaften zum Rückzug zwang, die ihr Heil in der Flucht suchten.
In Niederingelbach brachen die Franzosen durch, so dass sich die Österreicher geschlagen geben mussten. Eine hessendarmstädtische Jägereinheit (damalige Scharfschützen), positioniert in der Gemarkung Schafstallhecke in Altenkirchen an der heutigen Bundesstraße 414 Ortsausgang in Richtung Michelbach, ermöglichte den österreichischen Truppen die Flucht.
Die Verluste der Österreicher betrugen nach offiziellen Angaben 2000 Mann, die der Franzosen 150. General Kléber übermittelte die österreichischen Verluste mit 3000 Gefangenen und der Erbeutung von vier Regimentsfahnen, 10 Kanonen und vielen Vorräten sowie Munition innerhalb einer nur zwei Stunden dauernden Schlacht. Die eigenen Verluste gab er mit 20 Toten und 100 Verwundeten an.
Geschlagen zogen sich die Österreicher über die Köln-Frankfurter Straße bis nach Freilingen und über die Köln-Leipziger Straße bis nach Hachenburg-Altstadt und von dort weiter nach Freilingen zurück. Die Franzosen rückten über die Köln-Leipziger Straße bis nach Hachenburg vor, wo sie gegen Abend eintrafen. Dem Vormarsch der französischen Armee auf Hachenburg fiel wahrscheinlich das Jagdschloss Luisenlust bei Müschenbach zum Opfer, welches abbrannte. Beim nächtlichen Rückzug der Österreicher von Hachenburg nach Freilingen über die Westerwälder Seenplatte blieben mehrere Wagen, Pferde und Kanonen im Morast stecken und mussten aufgegeben werden.
Mit ihrer Taktik hatten die Franzosen ihr Ziel erreicht, denn durch die Schlacht bei Altenkirchen konnte die französische Rheinarmee bei Kehl ungehindert den Rhein überqueren. Doch wurde der zügige Vormarsch der französischen Armee von den Österreichern schon am 14. Juni in der Schlacht bei Wetzlar gestoppt, so dass dieses Mal die Franzosen den Rückzug antreten mussten. Sich über die Köln-Leipziger Straße zurück bewegend, durchquerten die französischen Divisionen am 17. Juni 1796 Altenkirchen, um anschließend abends auf einer Anhöhe in Jungeroth bei Buchholz (Kreis Neuwied), verfolgt von den österreichischen Truppen, ihr Lager aufzuschlagen. Bei der zwei Tage später stattgefundenen Schlacht bei Kircheib (Kreis Altenkirchen) am 19. Juni 1796, die zugunsten Österreichs ausging, mussten sich die Franzosen geschlagen wieder über den Rhein zurückziehen.
In der Folgezeit kam es bis zum Frühjahr 1797 immer wieder zu weiteren Gefechten, Gebietseroberungen und Rückschlägen auf beiden Seiten.
Am 18 April 1797 gingen die Franzosen in der Schlacht bei Neuwied als Sieger hervor. Das anschließende schnelle Vorrücken der französischen Armee über die Köln-Frankfurter Straße nach Frankfurt brachte die Wende. Am 17. Oktober 1797 wurde der erste Koalitionskrieg nach 5-jähriger Kriegsdauer durch den “Friede von Campo Formio” beendet.
An die Schlacht bei Altenkirchen sowie an die Gefechte in der Umgebung erinnern, zusammen mit der Inschrift im Triumpfbogen in Paris, noch weitere Gedenkstätten.
An dem Denkmal von General Kléber, das ihm zu Ehren nach seinem Tod in seiner Heimatstadt Straßburg errichtet wurde, ist ein Bronzerelief mit der Aufschrift „Altenkirchen 17. Juni 1796“ angebracht.
In der Nähe des Klosters Marienstatt, in dem sich damals ein Lazarett befand, erinnert ein Denkmal am Kaiserlichen Friedhof an mehr als 600 an ihren Verwundungen gestorbenen österreichische Soldaten, die an dieser Stelle beerdigt wurden.

